Das Erzählen ist meine Kunst.

Das Zuhören wird zum Erlebnis!

Der Spiegel

In alten Zeiten kannte man zwar den Kamm, aber noch nicht überall den Spiegel. Eines Tages sagte eine Bauersfrau zu ihrem Mann: „Wenn du in den kommenden Wochen in die Stadt kommst, bring mir doch einen gebogenen, hölzernen Kamm mit, einen schönen und großen, und vergiss es nicht!“ Sie fürchtete aber, ihr Mann würde es doch vergessen, und zeigte daher aus dem Fenster auf die gebogene Sichel des zunehmenden Mondes und sagte noch einmal: „Kauf mir einen gebogenen, hölzernen Kamm. Er muss sein wie der Mond oben am Himmel.“
Zwei Wochen waren ins Land gegangen, wollte sich der Mann ganz früh am Morgen auf den Weg in die Stadt machen. Der Mond war noch nicht untergegangen, so früh am Morgen war es und er stand voll und schön und rund am Himmel. Wie der Mann aus dem Hause trat, erinnerte sich an die Worte seiner Frau. Er wusste noch, er sollte etwas für ihre Schönheit kaufen. Aber er wusste nicht mehr, was. Er wusste nur noch, es hatte etwas mit dem Mond zu tun - rund und schön. Wie er auf dem Markt angekommen war, da sah er den Stand, zu dem seine Frau immer ging, wenn sie mit auf dem Markt war. Dort lagen einige Spiegel mit der Spiegelfläche nach unten. Sie sahen aus wie runde, hölzerne Scheiben, die an einem Stab angebracht waren. Diese runden Scheiben erinnerten den Mann an den Mond und er kaufte eine davon, so rund und so schön wie der Vollmond, und er brachte sie zufrieden mit sich selbst nach Hause.
Und damit kam das Unglück ins Haus. Nicht nur, dass die Frau den Mann auszankte, weil er keinen Kamm mitgebracht hatte. Was sollte sie denn mit einer Holzscheibe an einem Griff? Bedrückt verzog sich der Mann und machte sich an die Arbeit, indess die Frau die Scheibe umdrehte, um sie von der anderen Seite zu betrachten.  Sie erschrak gewaltig. Sie hatte ja noch nie einen Spiegel gesehen. Was musste sie erblicken: Das Bildnis einer wunderschönen Frau. Sie eilte aufgelöst zur Nachbarin, drückte ihr den Spiegel in die Hand und sagte: „Denk dir nur, mein Mann hat eine wunderschöne Geliebte. Hier halte ich ihr Bild in Händen! Der Tollpatsch von Mann hat es mir selbst gegeben!“
Die Nachbarin sah nun selbst in den Spiegel und dachte bei sich: „Schön ist diese Geliebte wahrlich nicht. Hätte er ein junges, hübsches Ding genommen - aber was will er von so einer alten, hässliche Eule!“
Zur Bauersfrau aber sagte sie: „Dein Mann ist nicht gescheit. Du bist so viel hübscher als die dort auf dem Bild. Mein Rat: Geh zum Richter und lass dich scheiden. Einen Besseren Mann findest du allemal!“
Also brachten die beiden Frauen den Fall vor den Bezirksrichter. Als dieser in den Spiegel sah, dachte er bei sich empört: „Es ist unglaublich. Muss einer, der vor Gericht erscheint nicht demütig sein?! Und was macht der Bauer, der hier angeklagt ist? Der hat eine Robe an wie ich! Nur ich bin würdig, solch eine zu tragen!“ Und voller Ingrimm sprach er die Scheidung aus zugunsten der Bäuerin.
So mag es einem gehen, der nicht gut zuhört und die Hälfte vergisst!

ein Märchen aus China in einer Erzählfassung von Xenia Busam April 2025


 Hier werden uralte Geschichten und die Stadt-Geschichte von Ludwigsburg auf das Trefflichste miteinander verwoben!


Meine Bitte an all diejenigen, die die Geschichte gelesen haben:

Bitte kreuzen Sie an, was für Sie zutrifft. Danke!

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